Die Entdeckung eines 3-in-1-Mikroorganismus stellt Lehrbücher auf den Kopf

Die Entdeckung eines 3-in-1-Mikroorganismus stellt Lehrbücher auf den Kopf

Mikroorganismen spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des Schwefelkreislaufs und beeinflussen klimatische Prozesse. Die Forschung hat verschiedene, multifunktionale sulfatreduzierende Mikroorganismen entdeckt, die in der Lage sind, gleichzeitig Sulfat zu reduzieren und Sauerstoff zu atmen, was den bisherigen wissenschaftlichen Konsens auf den Kopf stellt. (Technisches Konzept.)

Die Untersuchung umweltrelevanter Mikroorganismen zeigt eine größere Vielfalt als bisher angenommen

Ein Forscherteam hat gezeigt, dass es in der Natur eine unglaublich hohe Artenvielfalt an umweltrelevanten Mikroorganismen gibt. Diese Vielfalt ist mindestens 4,5-mal größer als bisher bekannt. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse kürzlich in renommierten Fachzeitschriften Naturkommunikation und FEMS Microbiology Reviews.

Die verborgene Welt der Mikroorganismen wird oft übersehen, obwohl viele klimabezogene Prozesse von Mikroorganismen beeinflusst werden, was oft mit einer erstaunlichen Vielfalt an Organismen einhergeht. Klassifizieren Innerhalb der Gruppen der Bakterien und Archaeen („Archaebakterien“). Beispielsweise wandeln sulfatreduzierende Mikroorganismen ein Drittel des organischen Kohlenstoffs in Meeressedimenten in Kohlendioxid um. Dabei entsteht giftiger Schwefelwasserstoff. Der Vorteil: Schwefeloxidierende Mikroorganismen nutzen diesen schnell als Energiequelle und machen ihn unschädlich.

„Diese Prozesse spielen auch in Seen, Sümpfen und sogar im menschlichen Darm eine wichtige Rolle, um das Gleichgewicht und die Gesundheit der Natur zu erhalten“, sagt Professor Michael Bester, Leiter der Abteilung Mikroorganismen am Leibniz DSMZ und Professor am Institut. Mikrobiologie an der Technischen Universität Braunschweig. Eine Studie hat den Stoffwechsel eines dieser neuen Mikroorganismen genauer untersucht und dabei eine bisher unerreichte Multifunktionalität ans Licht gebracht.

Es wurde eine extrem große Vielfalt an sulfatreduzierenden Mikroorganismen entdeckt

Es wurde eine sehr große Artenvielfalt sulfatreduzierender Mikroorganismen entdeckt. Sulfatreduzierer kommen mittlerweile in insgesamt 27 Stämmen der Bakterien und Archaeen vor, statt der bisher bekannten sechs. Bildnachweis: DSMZ

Kritisches Gleichgewicht des Schwefelkreislaufs

Der Schwefelkreislauf ist einer der wichtigsten und ältesten biogeochemischen Kreisläufe auf unserem Planeten. Gleichzeitig ist es eng mit den Kohlenstoff- und Stickstoffkreisläufen verbunden, was seine Bedeutung unterstreicht. Es wird hauptsächlich durch sulfatreduzierende und schwefeloxidierende Mikroorganismen betrieben. Weltweit leiten Sulfatreduzierer etwa ein Drittel des organischen Kohlenstoffs ab, der jedes Jahr auf den Meeresboden gelangt. Im Gegensatz dazu verbrauchen Schwefeloxidationsmittel etwa ein Viertel des Sauerstoffs in Meeressedimenten.

Wenn diese Ökosysteme aus dem Gleichgewicht geraten, kann die Aktivität dieser Mikroorganismen schnell zu Sauerstoffmangel und der Bildung von giftigem Schwefelwasserstoff führen. Dadurch entstehen „tote Zonen“, in denen Tiere und Pflanzen nicht mehr überleben können. Dadurch entstehen nicht nur wirtschaftliche Schäden, beispielsweise in der Fischerei, sondern auch soziale Schäden durch die Zerstörung wichtiger Naherholungsgebiete. Daher ist es wichtig zu verstehen, welche Mikroorganismen die Homöostase des Schwefelkreislaufs aufrechterhalten und wie sie dies tun.

Veröffentlichte Ergebnisse zeigen, dass die Artenvielfalt sulfatreduzierender Mikroorganismen mindestens 27 Phyla (Stämme) umfasst. Bisher waren nur sechs Stämme bekannt. Im Vergleich dazu gibt es im Tierreich derzeit 40 bekannte Stämme Wirbeltiere Es gehört nur zu einem Stamm, Chordata.

Abbau Schematische Darstellung von Pflanzenpektin

Eine schematische Darstellung des Abbaus von Pflanzenpektin – entweder durch Sulfatreduktion oder durch Sauerstoffatmung in den kürzlich entdeckten azidophilen Bakterien. Bildnachweis: DSMZ

Neu entdeckte multifunktionale Bakterienart

Die Forscher konnten einen dieser neuen „Sulfatreduzierer“ dem wenig erforschten Stamm Acidobacteria zuordnen und ihn in einem Bioreaktor untersuchen.

Mit neuesten Methoden der Umweltmikrobiologie konnten sie zeigen, dass diese Bakterien Energie aus der Sulfatreduktion gewinnen und Sauerstoff atmen können. Diese beiden Wege schließen sich bei allen bekannten Mikroorganismen normalerweise gegenseitig aus. Gleichzeitig konnten die Forscher zeigen, dass sulfatreduzierende Acidobakterien komplexe pflanzliche Kohlenhydrate wie Pektin abbauen können – eine weitere bisher unbekannte Eigenschaft von „Sulfatreduzierern“.

Damit stellten die Forscher Lehrwissen auf den Kopf. Sie zeigten, dass komplexe Pflanzenstoffe unter Sauerstoffausschluss nicht nur durch eine koordinierte Interaktion zwischen verschiedenen Mikroorganismen, wie bisher angenommen, sondern auch durch eine einzelne Bakterienart über eine Abkürzung abgebaut werden können.

Stefan Deskma und Michael Bester

Dr. Stefan Dyskma (links) und Prof. Dr. Michael Bester neben einem Bioreaktor in der DSMZ, in dem neue „Sulfatreduzierer“ untersucht werden können. Bildnachweis: DSMZ

Eine weitere neue Entdeckung ist, dass diese Bakterien zu diesem Zweck Sulfat und Sauerstoff nutzen können. Forscher der DSMZ und der Technischen Universität Braunschweig untersuchen derzeit, wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Wechselwirkung zwischen den Kohlenstoff- und Schwefelkreisläufen auswirken und welchen Zusammenhang sie mit klimabedingten Prozessen haben.

Verweise:

„Sauerstoffatmung und Polysaccharidabbau durch sulfatreduzierende azidophile Bakterien“ von Stefan Dijksma und Michael Bester, 10. Oktober 2023, Naturkommunikation.
doi: 10.1038/s41467-023-42074-z

„Globale Vielfalt und abgeleitete Ökophysiologie von Mikroorganismen mit divergentem Sulfat-/Sulfat-reduzierenden Potenzial“ von Mohi Diao, Stefan Dijksma, Elif Koksoy, David Kamanda Ngugi, Karthik Anantharaman, Alexander Lowe und Michael Bester, 05. Oktober 2023, Rezensionen zur FEMS-Mikrobiologie.
doi: 10.1093/femsre/fuad058

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