Das UN-Frauenverbot der Taliban: „Ein weiterer schlimmer Tabubruch“

Das UN-Frauenverbot der Taliban: „Ein weiterer schlimmer Tabubruch“

Stand: 04.06.2023 16:56 Uhr

Das Taliban-Regime in Afghanistan schließt Frauen weiterhin aus dem öffentlichen Leben aus. Nun dürfen afghanische Frauen nicht mehr bei den Vereinten Nationen arbeiten. Bundesentwicklungsminister Schultz sprach von „massiven“ Schäden für das Land.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Scholz hat die islamistischen Hardliner Taliban aufgefordert, ein Arbeitsverbot für afghanische Frauen bei den Vereinten Nationen zurückzunehmen. „Kein Land hat jemals versucht, Frauen daran zu hindern, in UN-Organisationen zu arbeiten“, sagte die sozialdemokratische Politikerin dem Deutschen Befreiungs Netzwerk. „Das ist ein weiteres schlechtes Tabu.“ Ein solches Verbot schadet nicht nur Frauen, sondern auch der Entwicklung des ganzen Landes.

Am Mittwoch gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass die regierenden Taliban den afghanischen Frauen befohlen hätten, nicht mehr für sie zu arbeiten. Die Islamisten haben afghanischen Frauen seit Dezember verboten, in Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten, außer in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Ernährung. Das Verbot löste starke internationale Reaktionen aus.

Schulz sprach sich dafür aus, zu prüfen, wie das neue Verbot in der Praxis aussehen könnte, um afghanische Frauen und Mädchen weiterhin bestmöglich zu unterstützen. In Entwicklungsprojekten in Afghanistan können Frauen oft nur von weiblichen Mitarbeitern erreicht werden.

Internationale Kritik am Arbeitsverbot

Das Außenministerium sagte auch, das Verbot werde „aufs Schärfste“ verurteilt. Deutschland stimmt weitere Maßnahmen mit seinen Partnern ab, um möglichst viel Spielraum für die Versorgung der Menschen zu haben. Es ist klar, dass man bei den Taliban nicht „hands on“ macht.

Kritik an der Verlängerung des Embargos kam auch aus der Europäischen Union. UNHCR-Sprecher Peter Stano sprach auf Twitter von der „entsetzlichen Entscheidung“.

Hilfsorganisationen warnen vor einer sich verschlechternden Lage

Seit der Machtübernahme in Afghanistan im August 2021 sind die Taliban vor allem wegen der massiven Beschneidung von Frauenrechten international in die Kritik geraten. So sind beispielsweise Top-Schulen und Universitäten für Mädchen für Frauen geschlossen, und viele Berufe sind für Frauen nicht mehr zugänglich.

Die Hilfsorganisation CARE warnte vor der Verschärfung der humanitären Krise im Land. Ärzte ohne Grenzen bezeichnete die Neuregelung als einen weiteren Schritt „in einem systematischen Versuch, Frauen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens auszuschließen“.

Auch das französische Außenministerium verurteilte das Verbot von Frauen, für die Vereinten Nationen zu arbeiten: „Mit diesem neuen Verbot verschlimmern die Taliban die Situation für das afghanische Volk, das bereits mit einer beispiellosen humanitären und wirtschaftlichen Krise konfrontiert ist.“

Beispiellos in der Geschichte der Vereinten Nationen

Seit dem Arbeitsverbot für afghanische Frauen im Dezember haben viele Hilfsorganisationen ihre Arbeit eingestellt oder können nur eingeschränkt weiterarbeiten. Laut der UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Rosa Otunbayeva, hat es in der Geschichte der Vereinten Nationen noch nie ein ähnliches Arbeitsverbot für Frauen gegeben.

Nach Angaben der Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) wurden sowohl männliche als auch weibliche Mitarbeiter angewiesen, vorerst nicht zur Arbeit zu kommen. Hilfsorganisationen haben ihre Besorgnis über die Auswirkungen auf humanitäre Hilfslieferungen geäußert.

Welthungerhilfe-Sprecherin Simone Butt sagte, die Lage sei in der Tat schlimm. Ohne Mitarbeiterinnen könnten die Frauen und Mädchen des Landes nicht mehr ausreichend versorgt werden.

Ein Taliban-Kämpfer steht inmitten von Afghanen, die auf ihre Essensrationen warten. Die meisten Menschen im Land sind auf Subventionen angewiesen.

Foto: AP

Millionen Afghanen droht der Hungertod

Nach Angaben der Vereinten Nationen steht Afghanistan vor einer beispiellosen humanitären Krise. Damit sind mehr als 28 Millionen der rund 43 Millionen Einwohner auf Subventionen angewiesen. Sechs Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht. Organisationen der Vereinten Nationen wie das Welternährungsprogramm spielen eine wichtige Rolle bei der Ernährung der Menschen.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat es im vergangenen Jahr rund 330 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für Afghanistan bereitgestellt. Die Unterstützung erfolgte ausschließlich durch Hilfsorganisationen.

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